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Kinder und Jugendliche haben das Recht auf Schutz


Kinder und Jugendliche haben spezifische Schutzrechte. UNICEF Schweiz und Liechtenstein setzt sich für die körperliche und seelische Unversehrtheit von jungen Menschen ein.

Kinder und Jugendliche weltweit sind unterschiedlichen Formen von Gewalt, Ausbeutung und Missbrauch ausgesetzt. Und häufig an Orten, an denen Kinder am meisten geschützt werden sollten - zu Hause, in der Schule und im Internet. Auch bei uns in der Schweiz und Liechtenstein.

Gewalt hat viele Gesichter. Neben körperlicher Gewalt gibt es auch andere Formen, wie Vernachlässigung, sexuelle Übergriffe, finanzielle Ausbeutung oder psychische Gewalt. Häufig erleben Kinder und Jugendliche mehrere Formen von Gewalt gleichzeitig. Und in vielen Fällen leiden die Kinder durch diejenigen Menschen, denen sie am meisten vertrauen.

Kinder zu schützen bedeutet vor allem, ihre körperlichen, emotionalen und psychosozialen Bedürfnisse zu wahren. Dafür müssen wir ihnen zuhören. Nur so können sie ihr volles Potenzial ausschöpfen und gestärkt in die Zukunft schreiten. 


Unabhängig von den Umständen hat jedes Kind das Recht auf Schutz vor jeglicher Form von Gewalt. So ist es in Artikel 19 der Kinderrechtskonvention (KRK) festgehalten. Aber auch weitere Artikel in der KRK beziehen sich explizit auf den Schutz von Kindern. All diese Schutzrechte haben zum Ziel, Kinder vor körperlicher und seelischer Gewalt, sexuellen Übergriffen, Verwahrlosung, struktureller Gewalt, Kinderhandel und wirtschaftlicher Ausbeutung zu schützen. Sie gelten für alle Kinder und damit auch für besonders vulnerable Gruppen, wie z.B. geflüchtete oder Kinder in Fremdunterbringung.

Vertragsstaaten der KRK, somit auch die Schweiz und Liechtenstein, sind verpflichtet, diese Schutzrechte umzusetzen und dafür zu sorgen, dass für die körperliche und geistige Unversehrtheit von Kindern gesetzliche Grundlagen und förderliche Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Gewalt kann alle Kinder und Jugendlichen betreffen. Am stärksten gefährdet sind jedoch junge Menschen, die mit Behinderungen oder chronischen Krankheiten (wie HIV und AIDS) leben, unter extremer Armut leiden, in Heimen untergebracht sind oder Kinder, die geflüchtet sind und von ihren Familien getrennt leben. Auch die sexuelle Orientierung, die Geschlechtsidentität und die Zugehörigkeit zu einer sozialen oder ethnischen Randgruppe erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder oder Jugendliche Gewalt erfahren.

Weltweit...

  • wurden etwa 15 Millionen heranwachsende Mädchen im Alter von 15-19 Jahren in ihrem Leben schon einmal zum Geschlechtsverkehr gezwungen.
  • sind etwa 10% der Kinder in der Welt nicht gesetzlich vor körperlicher Züchtigung geschützt.
  • wird mehr als 1 von 3 Schülern zwischen 13 und 15 Jahren gemobbt.
  • erlebt ungefähr 1 von 4 Kindern unter 5 Jahren – etwa 176 Millionen – häusliche Gewalt.
  • werden etwa 3 von 4 Kindern im Alter von 2 bis 4 Jahren – rund 300 Millionen – von ihren Bezugspersonen regelmässig mit Gewalt bestraft.

Mehr zur weltweiten Situation von Kindern und Jugendlichen in Zusammenhang mit Kinderschutz und wie UNICEF darauf reagiert, finden Sie hier.

Unabhängig davon, welcher Form von Gewalt ein junger Mensch ausgesetzt ist, können diese Erfahrung schwerwiegende und lebenslange Folgen haben. Gewalt kann zu körperlichen Verletzungen, sexuell übertragbaren Krankheiten, Angstzuständen, Depressionen, Suizidgedanken, ungewollter Schwangerschaft und sogar zum Tod führen. Es gibt auch Hinweise darauf, dass Stress aufgrund von Gewalt in der frühen Kindheit die Gehirnentwicklung dauerhaft beeinträchtigen und andere Teile des Nervensystems schädigen kann.

Zu den langfristigen Auswirkungen auf das Verhalten von Kindern und Jugendlichen gehören beispielsweise Aggressivität und erhöhte Gewaltbereitschaft, Drogenmissbrauch, riskantes Sexualverhalten und Kriminalität.

Gewalterlebnisse haben einen enormen Einfluss auf die Gesundheit und Entwicklung. Trotzdem bleibt Gewalt oft ein unsichtbares Problem, da die Mehrheit der Betroffenen aus Angst oder Scham selten Hilfe sucht und das Thema tabuisiert ist.


Nicole Hinder,

«Es ist unsere Pflicht, Kinder und Jugendliche zu schützen und Rahmenbedingungen zu schaffen, die es ihnen erlauben, ihr volles Potenzial auszuschöpfen. Dies gelingt nur, wenn wir jungen Menschen zuhören und sie ernst nehmen.»

Nicole Hinder, Child Rights Advocacy, UNICEF Schweiz und Liechtenstein

Alle Kinder und Jugendliche haben das Recht, in sicheren Strukturen und förderlichen Rahmenbedingungen aufzuwachsen. Deshalb ist es besonders wichtig, stabile Kinderschutzsysteme zu schaffen, die den Zugang zu lebenswichtigen sozialen Diensten und fairen Rechtssystemen sicherstellen.

Auch in der Schweiz und Liechtenstein sind viele Kinder von unterschiedlichen Gewaltformen betroffen. Verschiedene Studien zeigen die zunehmende Relevanz des Themas und den notwendigen Handlungsbedarf auf.

Der UN-Kinderrechtsausschuss hat im Rahmen des Staatenberichtsverfahrens zur Umsetzung der Kinderrechte in der Schweiz 2021 in Hinblick auf den Schutz von Kindern folgendes empfohlen:

  • Daten zur Gewalt gegen Kinder erheben und analysieren, und zwar auch im digitalen Umfeld.
  • das Wohl des Kindes bei Verfahren und Entscheiden vorrangig berücksichtigen.
  • Verfahren und Kriterien definieren, an welchen sich die zuständigen Personen bei der Bestimmung des Kindeswohls in allen Bereichen orientieren.
  • das Recht des Kindes auf Anhörung in allen das Kind betreffenden Entscheiden sicherstellen (z.B. im Straf- und Asylverfahren).
  • Zugang zu vertraulichen, kindgerechten Beschwerdemechanismen für Flüchtlingskinder sicherstellen.
  • genügend Ressourcen für Sensibilisierungskampagnen bereitstellen, die positive, gewaltfreie und partizipative Formen der Kindererziehung fördern.
  • eine nationale Strategie und einen nationalen Aktionsplan entwickeln zur Prävention, Bekämpfung und Überwachung aller Formen von Gewalt und Missbrauch, darunter sexuelle Gewalt, Mobbing und Gewalt im digitalen Umfeld.
  • die Massnahmen zur Prävention von Mädchenbeschneidung verstärken.

Im Rahmen des Staatenberichtsverfahren hat UNICEF Schweiz und Liechtenstein die Umfrage «Kinderrechte aus Kinder- und Jugendsicht» durchgeführt. Dabei wurden erstmalig junge Menschen im Alter von 9 bis 17 Jahren zur Umsetzung der Kinderrechte in der Schweiz und in Liechtenstein befragt.

In Hinblick auf Gewalterfahrungen zeigte sich Folgendes:

  • Knapp ein Drittel der Kinder gibt an, dass ihre Eltern ihnen schon einmal physisch wehgetan haben.
  • Rund ein Viertel wurden von ihren Eltern schon einmal ausgelacht, nachgemacht, beschimpft oder beleidigt.
  • Je älter ein Kind ist, desto eher hat es physische oder psychische Gewalt durch seine Eltern erfahren.
  • Teilweise oder stark armutsbetroffene Kinder sind häufiger von physischer und psychischer Gewalt betroffen als nicht armutsbetroffene Kinder.
  • Knapp jedes zweite Kind wurde von anderen Schülern/-innen schon ausgelacht, beleidigt, beschimpft oder nachgeahmt.
  • Physische Gewalt durch andere Schüler/-innen erlebte knapp eins von drei Kindern.
  • 23% geben an, von anderen Schülern/-innen schon ausgegrenzt und gemobbt worden zu sein.
  • Knapp jedes dritte Kind wünscht sich mehr Sicherheit im Internet, unter anderem im Bereich der Cyberkriminalität.

Die Kinderrechte-Studie zeigt auf, wie vielfältig Gewalterfahrungen von Kindern und Jugendlichen ist und dass die Erfahrung von physischer und psychischer Gewalt im Alltag fast jeden Kindes und jedes Jugendlichen in der Schweiz und Liechtenstein vorkommt.

Die Fachgesellschaft «Pädiatrie Schweiz» veröffentlicht jährlich eine Statistik über vermutete oder sichere Kindsmisshandlung, die ambulant oder stationär an einer Schweizerischen Kinderklinik behandelt worden waren.

Im Jahr 2022 wurden insgesamt 1889 Fällen von sicherer oder vermuteter Misshandlung von Kindern oder Jugendlichen gemeldet. Körperliche Misshandlungen (28.3%) sowie Vernachlässigungen (30.1%) sind dabei am häufigsten diagnostiziert worden. Zudem zeigte sich, dass Mädchen häufiger von Misshandlungen betroffen sind als Buben und dass jüngere Kinder öfters Gewaltformen erleben als ältere.

Gerade jüngere Kinder haben aufgrund ihrer Verletzlichkeit einen besonderen Schutzbedarf. Oft fehlen aber Kontrollen von aussen, um diese Kinder wirksam zu schützen. Umso wichtiger sind Fachleute und Bezugspersonen, die Kinder dieser Altersgruppe betreuen. Eine ständige Sensibilisierung für dieses Thema ist deshalb unabdingbar und weiterhin erforderlich.

Die Studie zeigte auf, dass körperliche und psychische Gewalt in vielen Familien nach wie vor ein Teil des Alltags ist. So gibt es durchschnittlich etwa in jeder Schulklasse ein Kind, welches regelmässig körperlich bestraft wird und jedes vierte Kind erfährt regelmässig psychische Gewalt durch seine Eltern.

Dabei sind dies vor allem junge Eltern von relativ jungen Kindern sowie Eltern, die selbst Gewalterfahrungen machten und möglicherweise in ihrem Alltag besonders belastet sind.

Ein sicheres Kinderschutzsystem ist für die Entwicklung von Kindern und Jugendliche unabdingbar. UNICEF Schweiz und Liechtenstein setzt sich für gerechte und sichere Zugänge sowie nachhaltige Rahmenbedingungen ein, damit Kinder und Jugendliche in ihren Lebensfeldern geschützt und gefördert werden. Dabei setzen wir einen Fokus auf die Beteiligung junger Menschen.



Nicole Hinder

Nicole Hinder,
Bereichsleiterin Child Rights Advocacy

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